Historischer Hintergrund

Für einen revolutionären Tag der Jugend am 1.6.2019 in Leipzig

Woher kommt der internationale Kindertag?
Die Geschichte des Kindertages ist eng verbunden mit der Bewegung für Kinderrechte die sich ab dem Anfang des 20. Jahrhunderts formierte um auf die Schutzbedürftigkeit von Kindern hinzuweisen und sich für gewisse Grundstandards im Umgang mit Kindern stark zu machen. Ein Beispiel wäre die Abschaffung der Prügelstrafe. In Europa fanden diese Ideen unter Anderem großen Widerhall in der Arbeiter*innenbewegung. Dies ist nicht erstaunlich wenn wir bedenken dass die Kinder der Arbeiter*innen vermutlich den schwersten Problemen ausgesetzt waren. 1931 wurde in Wien im Zuge der zweiten Arbeiterolympiade am 19. Juli ein „Fest des Kindes“ gefeiert und für dieses Datum ein internationaler Kindertag ausgerufen. Aufgrund der politischen Lage und des europaweiten Erstarken des Faschismus wurde dieser Feiertag aber später nicht mehr regelmäßig begangen.

Internationale Demokratische Frauenföderation und der Kampf um Kinderrechte
Nach der militärischen Niederlage Nazideutschlands und der faschistischen Achse wurde von linker Seite wieder verstärkt über die Etablierung eines Kindertages nachgedacht. So auch auch von Antifaschistinnen die sich nach 1945 in der „Internationalen Demokratischen Frauenföderation“ (IDFF) organisierten. Die IDFF fungierte in dieser Zeit als eine Art Dachverband antifaschistischer Frauenorganisationen und rief während ihres zweiten Weltkongresses 1948 den internationalen Kindertag für den 1. Juni aus. Doch bald kamen die jeweiligen Landesgruppen der IDFF im sogenannten Westen in Bedrängnis. Nachdem sie 1949 in den USA als kommunistische Frontorganisation eingestuft und in Frankreich verboten wurde musste sie ihren Hauptsitz nach Ost-Berlin verlegen.

Im sogenannten Osten, also auch hier in Leipzig, wurde der „internationale Kindertag“ ab dem 1.6.1950 als Feiertag eingeführt. Im Vergleich zu Westdeutschland hatte es tatsächlich einige Verbesserungen im Zusammenhang mit Kinderrechten gegeben, so wurde beispielsweise die Prügelstrafe in der sovietischen Besatzungszone 1945 abgeschafft. Lehrer*innen im Westen durften bis 1973 prügeln, in Bayern sogar bis 1983. Aber ob die von der SED vorgegebenen Inhalte auf den staatlichen Veranstaltungen, welche im Namen eines autoritären Sozialismus organisiert wurden, die realen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen aufgriffen und thematisierten darf natürlich bezweifelt werden.

Kindertag im Westen
Auch in der BRD wurde 1954 ein „Weltkindertag“ als Feiertag für den 20. September festgelegt. Gesellschaftlich erfuhr dieser Jahrestag in Westdeutschland jedoch nie eine vergleichbare Bedeutung wie sein ostdeutsches Gegenstück.
Das Datum bekam erst 1989 im Jahr der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention, die wir uns im folgenden auch genauer besehen wollen, wieder Aufmerksamkeit. Seitdem verhält sich die Bundesregierung jährlich zu den Festlichkeiten: Regierung und Ministerien geben Pressemitteilungen ab und in Berlin findet ein großes Fest mit ca. 100.000 Teilnehmenden unter der Schirmherrschaft des Familienministeriums statt.

Vom internationalen Kindertag zum revolutionären Tag der Jugend
So richtig es auch ist die Bedürfnisse von Kindern und der zukünftigen Generation in den Fokus zu rücken, so wenig sehen wir den real existierenden Weltkindertag als ein Event das den drängenden Fragen unserer Zeit eine Antwort geben könnte. Wir sind uns natürlich bewusst das wir diese Antworten alleine auch nicht geben können, vielleicht auch gar nicht sollten. Unser Anliegen findet sich eher in einer kleinen Verschiebung der Bedeutung des Tages. Anstatt darüber zu beraten was das beste für „die Kinder“ sein könnte, also für sie zu Politik zu machen und über sie zu entscheiden, wollen wir die Jugend fragen was sie denkt. Denn: die Kinder von heute und von gestern wissen besser darüber Bescheid was ihre Bedürfnisse sind als das Familienministerium. Wir wollen uns inhaltlich nicht so sehr ent-solidarisieren mit den Inhalten des Kindertages und bspw. Unicefs denn auch wir sind bestürzt über die Lage der Menschen unserer Generation und jünger überall auf der Welt. Vielmehr wollen wir diesen Tag mit einer Form der Politik füllen die es der Jugend ermöglicht ihre Themen selbst zu setzen und sich selbst zu organisieren.
Deshalb soll unsere Demonstration eine Bühne sein für alle Jugendlichen und jugendpolitischen Gruppen die etwas zu sagen haben. Wir möchten eurem Aktivismus Raum geben und hoffen auf ein Zusammenwachsen einer Vielfalt von Akteur*innen um die Probleme unserer Generationen aufzugreifen, erkenntlich zu machen und sie anzugehen.

Fight for your Future!

Aufruf 1.6.

Anfang September 2019 stehen Landtagswahlen in Sachsen an. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird sich auch dort der allgegenwärtige Rechtsruck niederschlagen. Mit rassistischen Parteien wie der AfD kann sich der braune Sumpf Sachsens ohne breiten Widerstand legitimieren und wird immer gesellschaftsfähiger. Ziemlich zeitgleich wird das neue Polizeigesetz mit unzähligen Einschränkungen für jeden Einzelnen in Kraft treten und mit aller Härte durchgesetzt. Ein Gesetz, das jeden von uns trifft, so unterschiedlich wir auch sind und so unterschiedliche Ziele wir verfolgen, teilen wir doch diese eine Liebe zur Freiheit.

Wir als die Jugend haben keine Lust, uns unsere Zukunft versauen zu lassen, die schon jetzt durch Ausbeutung und Zerstörung unseres Planeten ohnehin mehr als gefährdet ist. Die Vernichtung von Lebensraum und die Erderwärmung beflügeln das massenhafte Artensterben und zwingen die Menschen zu Massenflucht, weil ganze Landstriche unbewohnbar gemacht werden. Gleichzeitig wird unsere Freiheit durch neue Polizeigesetze mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten des Staates genommen und alles, was nicht ins Normalbild passt, beschnitten und gefügig gemacht. Das trifft auch Leute, die nicht in das herrschende Bild eines Mannes oder einer Frau passen oder sich gegen patriarchale Zwänge und Herrschaftsformen stellen. Die Geschlechterklischees sind durch Popkultur und Leitbilder auch besonders in der Jugend verankert, wodurch Slut- und Fatshaming ebenso wie Mobbing und Ausgrenzung zum Alltag werden. Bereits in der Schule wird uns das Leistungsprinzip dieser Gesellschaft eingetrichtert. Die Selbstoptimierung führt schon im jungen Alter bei vielen von uns zu psychischem Druck, der in Krankheiten wie Depressionen, Magersucht oder Flucht in Drogen endet. Währenddessen wird unsere nicht „deutsch“ aussehende Freundin rassistischen Kontrollen ausgesetzt und unser geflüchteter Mitschüler muss tagtäglich in der Angst leben, wieder in sein vermeintlich sicheres Herkunftsland abgeschoben zu werden.

Wir glauben, wir können eine bessere Zukunft schaffen und selbst organisieren. Dafür brauchen wir keinen härter durchgreifenden Staat, auch nicht mehr Polizei. Wir sollten endlich nicht mehr, wie es diese Gesellschaft will, gegeneinander, sondern miteinander für eine bessere Zukunft kämpfen. Wir brauchen klare Lösungsansätze und wollen statt Konkurrenzkampf eine solidarische Zukunft, in der die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund stehen und nicht der, der am meisten Geld hat, oder das, was am meisten Geld bringt.

Deshalb kommt mit uns am Kindertag, dem 1. Juni 2019, gemeinsam auf die Straße, um unseren Protest und unsere Wut auf die Straße zu tragen und gemeinsam ein Zeichen zu setzen! Für eine befreite solidarische Gesellschaft ohne Ausbeutung von Mensch und Natur! Gegen Polizeistaat und Krieg! Wenn wir nicht für unsere Zukunft kämpfen, wird es niemand tun! Fight for your future!